Thilo von Trotha
Kein Besucher von Stadt und Dom Merseburg kann den Spuren, die der Bischof Thilo von Trotha hinterlassen hat, entgehen. Sein Wappen, das einen Raben mit einem goldenen Ring im Schnabel zeigt, kündet an vielen Gebäuden von der Bautätigkeit während der Regierung Thilos von Trotha (1466 – 1514).
Die Sage, die sich an das Wappenbild des Bischofs knüpft, kündet von einer aufbrausenden, zu unüberlegten Entscheidungen neigenden Person. So soll der Bischof einst seinen Siegelring vermisst und daraufhin seinen Diener Johann des Diebstahls verdächtigt haben. Dieser stritt die Tat ab, doch ließ ihn Bischof Thilo hinrichten, ohne dass der Ring gefunden worden war. Als wenig später ein Sturm das Nest eines Raben in den Merseburger Schlosshof wehte, fand man dort den Siegelring des Bischofs. Bestürzt über seine vorschnelle Entscheidung soll der Bischof als Warnung für seine Familie den Raben mit dem goldenen Ring im Schnabel in sein Wappen aufgenommen haben. Seitdem lebt stets ein Rabe in einer Voliere im Hof des Merseburger Schlosses.
Zieht man die zahlreichen Quellen zu Bischof Thilo zu Rate, so bleibt auch hier das Bild eines streitbaren aber tatkräftigen Bischofs. In zahlreiche Auseinandersetzungen ließ sich der Bischof ein und verfügte über die Zähigkeit, diese bis zur Erlangung eines Vorteils durchzustehen. So gelang ihm im ausgehenden 15. Jahrhundert die Vergrößerung des Hochstiftsterritoriums, der Aufkauf vieler adliger Güter und die Intensivierung der Bewirtschaftung der bischöflichen Güter, z. B. durch die Anlage von Teichen. All dies wurde flankiert durch einen intensiven Ausbau der schriftlichen Verwaltung und der Vergrößerung der bischöflichen Kanzlei. Zu den benachbarten Wettinern, die seit jeher die Rechte des kleinen Merseburger Hochstifts zu schmälern suchten, wahrte Bischof Thilo ein gutes Verhältnis.
Seine erfolgreiche Politik fand schließlich ihren Ausdruck in den prachtvollen Neu- und Umbauten von Schloss, Dom und Merseburger Kapitelhaus, die bis heute die Silhouette Merseburgs prägen. Dom und Schloss sind das bauliche Zeichen einer überaus prosperierenden Epoche der Merseburger Geschichte. Bedeutungsvoll war dabei auch die lange Regierungszeit Bischof Thilos von beinahe einem halben Jahrhundert. Dadurch entstanden stabile Strukturen in Verwaltung und Verfassung, die bis weit in das 16. Jahrhundert hinein wirksam waren. Aufgrund seiner Altersschwäche bestimmte Bischof Thilo 1505 gemeinsam mit dem Domkapitel den Magdeburger Dompropst Adolf von Anhalt zu seinem Koadjutor. Dieser trat nach dem Tode Thilos von Trotha 1514 das Amt des Merseburger Bischofs an.
Bischof Thilo wurde in der von ihm prachtvoll ausgestatteten Bischofskapelle begraben. Sein Grabmal (Tumba) sowie ein Epitaph stammen aus der berühmten Werkstatt von Peter Vischer in Nürnberg. Er zählt zu Recht zu den bekanntesten Gestalten der Merseburger Geschichte.