Thietmar von Merseburg
Der von 1009 bis 1018 regierende Merseburger Bischof gehört zu den bedeutendsten Chronisten des ottonischen Zeitalters. Aus dem Hause der Grafen von Walbeck stammend, erhielt Thietmar in Quedlinburg und Magdeburg eine umfassende Ausbildung für seine spätere Klerikerlaufbahn. Auf Vermittlung des Magdeburger Erzbischofs Tagino gelangte er 1009 auf den Merseburger Bischofsstuhl. Hier hatte er sich vor allem mit den Problemen um die Wiedereinrichtung des Bistums 1004 und den Bau eines neuen Doms zu befassen. Insbesondere König Heinrich II. war er sehr eng verbunden, was auch in einer großen Zahl von Aufenthalten des Herrschers in Merseburg zum Ausdruck kam.
Zahlreiche Urkunden des Merseburger Domstiftsarchivs künden von den erfolgreichen Bemühungen Thietmars, den ursprünglichen Besitz des Merseburger Bistums durch königliche Schenkungen wiederherzustellen. Dabei schreckte der Bischof auch nicht vor Fälschungen zurück, die durch seine chronistischen Darstellungen untermauert wurden.
Die Chronik Thietmars ist die wichtigste erzählende Quelle zur Gründung, Auflösung und Wiederherstellung des Merseburger Bistums. Scharf konturiert Thietmar die Geschichte der ottonischen Herrscher (Ottonen) und das Verhältnis Merseburgs zum Erzbistum Magdeburg. Für das 10. und frühe 11. Jahrhundert kommt der Chronik daher eine sehr hohe Bedeutung zu, insbesondere wenn sie von der Parteilichkeit des Bischofs entkleidet wird. Zudem ist sie ein wichtiges Zeugnis für die Lebenswelt eines adligen Klerikers, die geistliche Mentalität und die Missionsgeschichte der ostsaalischen Gebiete. Nicht zufällig finden sich hier die Ersterwähnungen zahlreicher Orte, darunter Leipzigs.
Bischof Thietmar starb 1018. Zunächst im damaligen Bau des Merseburger Doms beigesetzt, wurden seine Gebeine später in den neuen Dom übertragen. In der Bischofskapelle wurde ihm im 13. Jahrhundert ein Gedächtnisgrabmal gesetzt. Die heutige Gestaltung mit umlaufendem Schriftband wiederholt die noch im 17. Jahrhundert lesbare Inschrift des Steins.
Sonderausstellung: Thietmars Welt
2018 gab es eine erfolgreiche kulturhistorische Sonderausstellung „Thietmars Welt. Ein Merseburger Bischof schreibt Geschichte“. Seine berühmte Chronik illustriert anschaulich und lebendig politische und geistliche Ereignisse des 10. Jahrhunderts, bedeutende Personen wie Päpste, Kaiser, Könige und Bischöfe mit all ihren Errungenschaften und Zweifeln sowie religiöse, kulturelle, wirtschaftliche und ethnologische Beobachtungen dieser Zeit. Anhand der Beschreibungen der Chronik hat die Ausstellung diese Epoche wiedererstehen lassen. Der Besucher tauchte in die Vorstellungswelt des mittelalterlichen Menschen ein, erlebte Kaiserkrönungen, prachtvolle Hoftage und kirchliche Feste, aber auch den Alltag der Burgund Dorfbewohner, die Mühen bei der Urbarmachung des Landes, Hungersnöte und Gefahren. Dank hochrangiger Leihgaben sowie ausgewählte Texte aus Thietmars Chronik gelang es, den Besucher in die Welt des Mittelalters zu entführen.
Mit einer Besucherbilanz von knapp 19.000 zeigten sich die Beteiligten zufrieden. Kurator Markus Cottin zog folgendes Resümee: „Die Ausstellung bot einen unverwechselbaren Einblick in eine der faszinierendsten Chroniken des Mittelalters. Dank herausragender Objekte aus europäischen Sammlungen konnte das Zeitalter der Ottonen in all seinen Facetten vor Augen geführt werden. Die Besucher konnten sich durch den Dialog von Text und Objekt in eine ferne Welt versenken, die nur scheinbar entrückt ist. Wer künftig den Namen Merseburg hört, der denkt neben den Zaubersprüchen auch an Bischof Thietmar als den Chronisten des ottonischen Mittelalters.“
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